Siedlungsarchäologische Forschungen zur westlichen Schwarzmeerküste im 5. Jahrtausend vor Christus
Das Avren-Plateau mit dem Fundplatz Avren-Bobata (vorne Mitte)
Die Varna-Kultur
Die Varna-Kultur ist durch ihren Goldreichtum bekannt. Die reichen Grabbeigaben auf dem Gräberfeld von Varna repräsentieren die früheste bekannte Massenverarbeitung von Gold. Dadurch ragt diese Kultur gegenüber anderen zeitgleichen Kulturen Europas und des Nahen Ostens hervor. Rund 3000 Goldartefakte mit einem Gesamtgewicht von etwa 6 kg wurden neben über 160 Kupfergeräten und reichem Muschelschmuck in diesem Gräberfeld gefunden. Über die dazugehörigen Siedlungen ist dagegen kaum etwas bekannt. Noch fast fünfzig Jahre nach der Entdeckung der Nekropole von Varna ist wenig über die sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen dieser prähistorischen Gesellschaft bekannt. Hier setzt das Grabungs- und Surveyprojekt Avren-Bobata südlich von Varna an. Es will diese Forschungslücke schließen. Seit 2014 werden hier Prospektionen und Ausgrabungen an kupferzeitlichen Fundplätzen in Kooperation des Archäologischen Instituts der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Heidelberg durchgeführt. In Zukunft werden die Forschungen infolge eines Wechsels von Frau Prof. Dr. Maria Ivanova-Bieg an die Universität Wien in Kooperation zwischen dem Archäologischen Instituts der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien fortgeführt werden.
Abbildung: Funde aus einem Grab des goldreichen Gräberfeldes von Varna
Quelle: Grab 1 aus der Nekropole von Varna (Ausgrabungen des Archäologischen Museums in Varna, 1970er bis 1990 Jahre). Aus:
Krauß R., Zäuner S. and Pernicka E. 2014. Statistical and Anthropological Analysis of the Varna Necropolis. In: R. Risch, H. Meller and E. Pernicka (eds.),
Metalle der Macht – Frühes Gold und Silber. 6. Mitteldeutscher Archäologentag vom 17. bis 19. Oktober 2013 in Halle (Saale). Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle
11/II. Halle: 371–387.
Forschungen auf dem Avren-Plateau
Bislang wurden im Rahmen des Projektes die am Rande des Plateaus liegenden Siedlungen Avren-Bobata und Avren-Koriata untersucht. Avren-Koriata ist ein kleiner Siedlungshügel, während Avren-Bobata als Höhensiedlung bezeichnet werden kann. Großflächige geomagnetische Prospektionen in Avren-Bobata und Avren-Koriata zeigen, dass beide Siedlungen einen kleinen befestigten Kern und einen etwa 3 ha großen unbefestigten Außenbereich mit Gruben und Baustrukturen aufweisen.
Die besondere Bedeutung der Höhensiedlungen mit befestigtem Kern in exponierter Lage wie Avren-Bobata liegt darin, dass für die Spätkupferzeit im Ostbalkan bisher fast ausschließlich nur Siedlungshügel ergraben wurden. In dieser Zeit erscheinen erstmals Höhensiedlungen als neue Siedlungsform.
Blick über das Plateau von Avren nach Norden
Die befestigte Siedlung von Avren-Bobata liegt am Rande eines Hochplateaus und überragt das tiefer gelegene Umland (Luftbild).
Die ersten Oberflächenfunde aus der unbefestigten „Aussensiedlung“ von Avren-Bobata sind vielversprechend.
Die Grabung in Avren-Bobata
Bei den seit 2014 jährlich stattfindenden Grabungen im Siedlungskern der Höhensiedlung Avren-Bobata kam eine bis zu 1,3 m mächtige Kulturablagerung mit zwei Bauschichten aus dem Späten Chalkolithikum (4600-4500/4450 v. Chr.) zutage. In dem bislang am besten erhaltenen Gebäude südlich der Befestigungsmauer (verbranntes Wohngebäude aus Stampflehm) fanden sich zwei Öfen, Mahlvorrichtungen, mehrere Mahlsteine, eine Lehmplattform und Vorratsbehälter aus Lehm. Die Siedlung von Avren-Bobata ist nach C14-Daten zeitgleich mit der Nekropole von Varna.
Ausgrabungen in Avren-Bobata südlich der Befestigungsmauer.
Großflächige geomagnetische Prospektionen im Jahr 2016 in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Kulturgüterschutz des Deutschen Archäologischen Instituts. Im Hintergrund der befestigte Fundplatz Avren-Bobata.
Ziele
Die Ausgrabungen im befestigten Kern von Avren-Bobata werden in den kommenden Jahren fortgesetzt. Geplant sind außerdem Sondagen in der unbefestigten „Außensiedlung“, um die festgestellten geomagnetischen Anomalien in diesem Bereich zu untersuchen. Besonders die ca. 120 m nördlich der Befestigung festgestellte Konzentration von Metallfunden, Kupfertropfen und Schlacken, verlangt eine nähere Erforschung. Möglicherweise handelt es sich hier um ein Areal für Kupferverarbeitung mit einer Werkstatt.
Unterstützungsbedarf
Um dieses Vorhaben erfolgreich weiterzuführen sind wir auf Unterstützung angewiesen. Durch Spenden sollen einerseits die Siedlungen genauer erforscht werden, und
anderseits ihre Bedeutung im Rahmen der gesamten Varna-Kultur erhellt werden. Die neuen Erkenntnisse werden Schlüssel zur Interpretation der Varna-Kultur liefern.
Spendenkonto: ArchaeNova e.V., Bezirkssparkasse Heidelberg, IBAN: DE19 6725 0020 0001 3117 86, BIC: SOLADES 1HDB, Verwendungszweck: "Projekt Avren-Bobata"
Literatur:
Leshtakov. P. and M. Ivanova (2016) Avren-Bobata: A Late Chalcolithic fortified settlement on the Avren Plateau, Varna District, in: Bacvarov, K. and G. Gleser (eds.) Southeast Europe and Anatolia in Prehistory. Bonn: Rudolph Habelt, 327-336.
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Ivanova, M. (2012) Perilous waters: early maritime trade along the western coast of the Black Sea (fifth mill. BC). Oxford Journal of Archaeology 31/4, 2012, 339-365.
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